Ursprünglich ließ Kaiser Justinian im Jahre 565 die ersten Eier des Seidenspinners nach Konstantinopel bringen. Zwei Mönche, so heißt es, welche die Seidenspinnerzucht in Asien erlernt hatten, ergänzten später das nötige technische Wissen für Zucht und Verarbeitung. Die Seidenproduktion breitete sich von Konstantinopel über Griechenland nach Sizilien aus, im 16. Jahrhundert machte sich Palermo als Seidenproduzent einen Namen.

Die Städte Venedig und Lucca folgten dem Branchenprimus nach. Auch in Como etablierte sich eine stattliche Industrie – Europa war im Seidenboom. Landstriche, die vom Klima her geeignet schienen, sattelten auf den neuen Industriezweig um. Überall wurden Maulbeerbäume gepflanzt, die Nahrungsgrundlage für die eigentlichen Fadenproduzenten, die Seidenspinner. Como hatte, auch in Hinblick auf heute, glücklicherweise neben der Produktion auch viele verarbeitende Betriebe und verlegte sich immer mehr auf die Verarbeitung und Veredelung von Rohseide.

Als Mitte des 19. Jahrhunderts eine Epidemie fast alle europäischen Bestände der Schmetterlingsfamilie tötete, ging es mit der Produktion langsam bergab. Die erhöhten Ausgaben für Hygienemaßnahmen führten viele Unternehmen in die Insolvenz, und der Import der Seide aus Asien nahm wieder Fahrt auf. Como und seine verarbeitende Industrie trotzte dieser Entwicklung und schwang sich innerhalb von 150 Jahren zum Weltmarktzentrum der Seidenverarbeitung und -veredelung auf. Dazu gehörte zunehmend das Färben der Stoffe mit sog. Anilin- oder Azofarben. Heute liegt das Know-how der hiesigen Seidenverarbeitungsindustrie zu fast 75% in Hand der Lombarden, eine unglaubliche Zahl.

Bei der Produktion hat inzwischen Brasilien die Nase vorn – Klima, Bodenbeschaffenheit und andere Faktoren bilden hier ein optimales Zusammenspiel für die Anforderungen des Seidenspinners. Weitere wichtige Produktionsländer sind China, Indien und Vietnam. Die Maulbeerbäume rund um den Comer See zeugen von der kurzen, aber einträglichen Zeit der Seidenproduktion am See.